HI, MY NAME IS ist der ziemlich einfallslose Titel für eine kontinuierliche Interview-Reihe mit talentierten Fotografen, Musikern, Künstlern und inspirierenden Persönlichkeiten unserer Zeit. Mit Michael Brinkworth stellen wir euch dieses Mal einen Singer-Songwriter vor, dessen Musik ein Spiegelbild dieser Welt ist. Als moderner Troubadour reiste er jahrelang mit Gitarre und dem Gepäck voll lebendiger Songs um die Erde. Im Interview verrät er uns was das "Leben auf Achse" ausmacht und wo seine Geschichten herkommen...

Michael ist in Brisbane der Hauptstadt des Bundesstaates Queensland im Nordosten Australiens geboren. Seit fünf Jahren lebt er nun in Berlin und schlug nach Zeiten der „ewigen Wanderschaft“ hier wieder Wurzeln. Über 50 Länder bereiste der Musiker, spielte in unzähligen Orten dieser Welt und kennt den Sound der Straße wie kein anderer. Seine Lieder erzählen unaufdringlich und harmonievoll von den Erlebnissen „on the road“ und übersetzen die emotionalen Ups und Downs des Lebens in greifbare Melodien und Lyrics. Michaels eigenwillige Interpretation des Alternative-Folk mit einem Twist Country-Soul ist beeinflusst von den Songwriting-Größen der 60er und 70er Jahre sowie Lo-Fi-Pop-inspirierten Indie-Rock. Sein Sound wird vor allem von einem konstanten Streben nach Offenheit und Authentizität angetrieben. Mit dem Debütalbum „Somewhere To Run From“, das Ende 2017 bei Greywood Records erschien, machte der Sänger zuletzt auf einer kleinen Tour durch Süditalien in Sizilien Halt, wo ich ihn über einige Zeit fotografisch begleitete. Beim Interview erzählte er mir seine Geschichte und zog mich in den Bann des reisenden Vagabunden…

Wann begann deine Beziehung mit der Musik?

Ich habe wage Erinnerungen daran schon früh der Musik meiner Eltern gelauscht zu haben. Sie haben ein Video von mir wie ich Yellow Submarine singe, als ich drei oder zwei Jahre alt war. Dass ich mich jedoch bewusst der Musik widmete, war später. Zuvor hörte ich noch die Smash-Hits CDs meiner älteren Schwester mit all den Bands der damaligen Zeit wie NSYNC oder den Spice Girls. Außerdem erinnere ich mich gut daran, wie ich in der Grundschule einen Gutschein für einen Music Store gewann und mir dort zwei Alben herauspickte. Eines davon war „Internationalist“ der Band Powderfinger, die eine der wichtigsten Bands der letzten 20 Jahre aus meiner Heimatstadt Brisbane werden sollten. Lustigerweise habe ich mich für genau diese CD entschieden. Eigentlich weil mir das Cover gefiel. Als ich dann die Musik hörte, dachte ich nur „What the hell is that!“ Ich war vollkommen sprachlos.

Von diesem Moment an, hast du dann entschieden selbst Musik zu machen?

Nicht sofort. Eigentlich gab es mehrere Umwege, die mich jedoch alle der Musik näher brachten. Als Kind hatte ich Cello- und Klavierunterricht. Außerdem war mein bester Freund in der Grundschule ein totaler Fan der afroamerikanischen Kultur und ich hörte mit ihm all den Hip Hop der damaligen Zeit: D12, N.W.A. und vor allem Eminem. Danach gab es weitere Umwege über Nu Metal wie Limp Bizkit, Linkin Park und Korn, aber auch Pop Punk wie Blink 182 und Offspring oder die Red Hot Chili Peppers und Foo Fighters. Entscheidend war jedoch meine Freundschaft mit Matt, einem Jungen aus meiner Schule als ich ungefähr 14 war. Er war ein echt guter Gitarrist und großer Jimmy Page und Led Zeppelin Fan. An diesem Punkt entdeckte ich die alte Gitarre meines Dads auf dem Schrank. Er lehrte mich einige Akkorde und dann ich fing an mit Matt zu jammen und spielte in einigen grässlichen Highschool-Bands.

Hast du damals schon begonnen dich für Singer-Songwriter zu begeistern?

Nein, anfangs versuchten wir vor allem Green Day und Offspring zu interpretieren. Ich war immer ziemlich laut und total auf die Elektrik-Gitarre fixiert. Mein Dad spielte mir irgendwann Neil Youngs „Harvest“ vor und meinte: „Hör dir das mal an!“ Da offenbarte sich mir eine völlig neue Welt. Meine Mutter zeigte mir schließlich Tom Waits Album „Closing Time“, das bis heute zu einem meiner liebsten Platten gehört. Dadurch begriff ich, dass Musik viel mehr sein kann, als nur laut und ich griff erneut zur Akustikgitarre. So hörte ich mit 15 Jahren von den Beatles über Pink Floyd bis Eminem alles!

Bist du ein Storyteller der alten Schule?

Ich weiß nicht ob ich das wirklich bin. Ich habe eine Handvoll Songs, die sicherlich Geschichten erzählen, aber ich glaube meine Musik ist nicht die Art traditionellem Folks bei dem ein Lied eine komplette Geschichte wiedergibt. Ich glaube was ich versuche, ist vielmehr ein Gefühl oder etwas, das ich erlebt habe, zu übermitteln. Also nicht chronologisch, sondern ein Mood. Eher also im Stil von Neil Young.

Hast du jemals bereut aus Australien weggegangen zu sein?

Das ist eine gute Frage. Wenn ich sagen würde, dass ich es niemals bereut hätte, würde ich lügen. Ich habe niemals versucht musikalisch in Australien Fuß zu fassen. Ich bin aus Brisbane weggegangen als ich Anfang Zwanzig war und oftmals kam ich nur zurück, um Freunde oder Familie zu sehen und einige wenige Konzerte zu spielen. Bei meinem letzten Besuch von Januar bis März diesen Jahres konnte ich jedoch endlich mit meiner guten Freundin und Kollegin Georgie Fisher auf Tour gehen. Das war großartig!

Wie kam es damals zum Entschluss wegzugehen und die Welt zu bereisen?

Ich glaube ich war schon immer ein Weltenbummler und habe mich noch nie irgendwo so richtig zugehörig gefühlt. Als Vierjähriger kletterte ich zum Beispiel im Kindergarten über den Zaun, um allein nach Hause zu gehen, weil ich keine Lust mehr hatte dort zu bleiben. Meine Mum rastete völlig aus, als sie mich abholen wollte. Ich war einfach weg. Als sie nach Hause kam, schaute ich entspannt TV. In der Schule war es ähnlich. Man könnte also sagen, ich hatte schon immer den Wunsch unterwegs zu sein.

Würde deine Musik ohne das Reisen vielleicht nicht existieren?

Nein, sicherlich würde meine Musik existieren, aber sie wäre nicht dieselbe. Ich habe in den letzten 10 Jahren kaum etwas anderes gemacht, als durch die Welt zu reisen. In meinen Songs geht es daher vor allem um die Erfahrungen, die ich unterwegs und auf der Straße machte. Ich glaube jedoch auch, wenn ich mich irgendwann mal irgendwo niederlasse, würde ich weiterhin Musik machen. Ich wäre sogar neugierig darauf, welche Art von Songs herauskämen.

Die drei wichtigsten Dinge, die du „on the road“ gelernt hast…

Erstens, es ist eine Verschwendung von Energie sich darüber Sorgen zu machen kein Geld oder Ähnliches zu haben, weil man immer einen Weg findet. Natürlich sage ich das nun aus der Perspektive eines weißen Mittelklasse Australiers, der das Privileg hatte reisen zu dürfen. Aber ich habe unterwegs einfach gelernt weniger materialistisch zu sein und auf irgendeinen Schrott, den man sich vielleicht ins Haus stellt zu verzichten. Zweitens, würde ich sagen: Menschen sind meistens gute Menschen und die meisten wollen sich connecten. Also nicht panisch werden bei Fremden! Und drittens, egal woher du kommst, am Ende haben wir fast alle die gleichen essentiellen Bedürfnisse.

Gab es auch negative Erfahrungen?

Einige! Wenn du wirklich ein ziemich raues Leben führst und wie ich lange Zeit per Autostop herumreist, dann urteilen andere ziemlich schnell über dich. Das wichtigste, was ich dabei gelernt habe, ist sich davon nicht beeinflussen zu lassen. Also sieh über die Vorurteile anderer hinweg. Ich trainiere das fast jeden Tag, wenn ich in Berlin in Bars auf Busking-Tour gehe. Aber grundsätzlich gibt es da draußen Positives und man darf sich nicht verrückt machen lassen. Etwas anderes Schwieriges beim Reisen ist das Alleinsein. Am Ende ist man zwar nie allein, aber bevor ich nach Berlin kam, war ich oft nicht länger als zwei oder drei Monate an einem Ort. Da bleibt nicht viel Zeit, um wirklich tiefgründige Beziehungen zu anderen einzugehen.

Was wolltest du als Kind werden, wenn du groß bist?

Ich glaube als ich sehr klein war, wollte ich Archäologe werden, weil ich Indiana Jones liebte!

Doch du hast etwas anderes studiert, bevor du um die Welt gezogen bist?

Ja. Stadtplanung.

Warum?

Ich wusste nicht wirklich was ich machen wollte und ein Lehrer, von dem ich auch jede Menge neue Musik wie Pixies, Modest Mouse und Wilco beigebracht bekam, sprach in seinem Geographieunterricht über Nachhaltigkeit und die „Welt-sozialer-zu-machen“. Weil mir Jura zu studieren zu stressig erschien, habe ich mich für Urban Planning entschieden.

Drei Worte, die deine Musik beschreiben…

Einfach. Ehrlich. Emotional.

Was steht als Nächstes an?

Sicherlich der Release mein nächsten Albums an dem ich seit langem arbeite. Ich habe einen ziemlich vollen Katalog neuer Songs. Außerdem will ich gern smarter in Europa touren und mich mehr auf die Musik konzentrieren und weniger auf den ganzen administrativen Kram, der oft nicht zu vermeiden ist. Ein Manager wäre ein Traum!

Last but not least: Deine Frage.

Wenn du in meinen Fußstapfen wärst, was würdest du fragen?

Wer mehr über Michael und seine Stories erfahren will, sollte ihm auf FB + Insta folgen.

All pictures by Helen Hecker