Ostern! Wenn ich in den Schubladen meines Gedächtnisses nach Kindheitserinnerungen an Ostern wühle, dann tauchen da bunte Eier, niedliche Deko-Hasen, lecker Osterbraten und jede Menge clevere Verstecke auf. Ein ziemlich fröhliches und lustiges Fest. Damals. Mit den Jahren macht das Suchen jedoch immer weniger Spaß, für das Eier-Anmalen fehlt die Zeit und der Glaube an den Osterhasen ist längst begraben. Was bleibt also?

In Sizilien habe ich ein neues Ostern entdeckt. Das ist grundsätzlich wesentlich weniger lustig und bunt als bei uns, dafür aber umso innbrünstiger (und ebenfalls mit viel Essen verbunden;) Ganz im Zeichen der streng katholischen Traditionen im Süden Europas treffen sich die Menschen hier nicht zum Ostereier suchen, sondern zum kreuzigen. Dabei fließen (wohl gemerkt bei jung wie alt!) auch schon mal die Tränen, denn zu Ostern leidet man und feiert anschließend die Auferstehung.

Ich hatte dafür in den letzten Jahren eine fotografische Passion entwickelt, um das ganze Spektakel der zahlreichen Prozession aus der Distanz heraus zu analysieren. Klappernde Rasseln, weiße Gewänder, Kapuzen und natürlich Kreuz und Nägel. Was auf uns beinahe mystisch wirkt, kann beim häufigen Zuschauen auch schon einmal ziemlich beklemmend werden. So wie dieses Jahr.

Nachdem ich am Karfreitag drei Mal beobachtete wie „Jesus“ ans Kreuz genagelt wurde und ich danach in meinen Fotos eine leicht makabere Atmosphäre entdeckte, fragte ich mich, warum die Menschen immer wieder in die Rolle der Peiniger schlüpfen wollen. Sicherlich geht es ums Leiden, aber können wir die Schmerzen im Leben noch nachempfinden, wenn wir sie immer wieder nach dem gleichen Muster abspielen?

In der christlichen Tradition macht das Leiden nur einen Sinn, weil im Anschluss die Auferstehung, also die Erlösung, wartet. Doch welche Bedeutung hat heute noch die Auferstehung für uns und glauben wir tatsächlich daran, oder ist das ähnlich wie mit dem Osterhasen? Am Ende müssen wir vielleicht auch garnicht sterben, um wieder aufzuerstehen. Vielleicht reicht es manchmal auch, uns einfach nur bewusst zu machen woran wir leiden und uns davon zu befreien. In diesem Sinn steht uns im Leben wohl mehr als nur eine Auferstehung bevor. Wenn mir dieses Ostern etwas deutlich wurde, dann das.

Für all diejenigen, die nach einer etwas wissenschaftlicheren Erklärung zur Auferstehung suchen, könnte dieser Beitrag hier vielleicht interessant sein. Demnach zweifelt der Historiker Johannes Fried nach neuesten medizinischen Erkenntnissen den Tod Jesus‘ an. Der könnte seiner Meinung nach stattdessen aus eine Koma ähnlichen Zustand wiedererwacht und nach Ägypten oder Syrien geflohen sein. Ich musste dieses Wochenende zu mindestens daran denken und fragte mich, was Jesus wohl von all dem Leiden halten würde.