The beating heart of Africa! In Europa fehlt uns oftmals der Zugang zu afrikanischer Musik. Dabei verbirgt der schwarze Kontinent eine solche Vielfalt aufregender und talentierten Künstler, dass mir beinahe schwindlig wird. Genau aus diesem Grund entführen wir euch hiermit nach Afrika und stellen euch unsere zehn Lieblingskünstler und ihre besten Alben der vergangenen Jahre vor.

Die Musik Afrikas spiegelt die ethnische, kulturelle und sprachliche Vielfalt des Kontinents in eindrucksvoller Weise wieder. Dabei gibt es komplexe Unterschiede beispielsweise zwischen den Klangwelten des Sahels, des Äquators oder Südafrika. Von Pop über Desert Blues und Electronica bis Hip Hop und Neo Soul bieten afrikanische Künstler und Künstlerinnen ein so breit gefächertes Portfolio, das auch in unserer überaus populären „westlichen“ Kultur weithin relevant und eindrucksvoll ist. Doch immer der Reihe nach. Hier kommt unsere Favoriten:

1. NAKHANE – You will not die

Bereits vor einiger Zeit haben wir euch das südafrikanische Allround-Talent Nakhane vorgestellt. Der 30-Jährige gilt als die neue Hoffnung des Elektro-Soul und Superstars der LGBT-Szene. Mit androgyner Schönheit, weltklugem Verstand aber vor allem musikalischer Raffinesse präsentierte er 2018 sein weit gefeiertes Album You will not die und feierte damit auch in Deutschland echte Erfolge. Nebenbei macht der Musiker auch als Schriftsteller und Schauspieler von sich sprechen. So war er beispielsweise in der Hauptrolle des südafrikanischen Film „The Wound“ zu sehen.

2. BLICK BASSY – AKÖ

Wenn wir über afrikanische Musik sprechen, sollten wir nicht die Stimme des kamerunischen Singer-Songwriters Blick Bassy nicht vergessen, der 2016 das wunderschöne Album „Akö“ veröffentlichte. „Wenn wir unsere Zukunft verändern wollen, wenn wir etwas tun wollen, um Afrika wachsen zu lassen, müssen wir unsere Sprachen, unsere Kultur, unsere Geschichte kennen“, sagte Bassy in einem Interview. Vielleicht war er sich dessen noch nicht bewusst, aber unter vielen Songs wählte Apple sein „Kiki“, um damals das iPhone 6 zu präsentieren. Seine Musik ist ungemein facettenreich und vereint Blues mit traditionellem Folk und Bossa Nova, um anschließend alles mit einer Stimme zu würzen, die zart und gleichzeitig kraftvoll ist und eine der insgesamt 265 Sprachen Kameruns in ihren schönsten Harmonien zum Besten gibt.

3. Fatoumata Diawara – Fenfo

Was wäre diese Auswahl ohne die exzentrischen Singer-Songwriterin Fatoumata Diawara aus Mali, welche auch die Frauen des Kontinents zu Wort kommen lässt. Ähnlich wie ihr südafrikanischer Kollege Nakhane ist die Musikerin eine Alleskönnerin und nebenbei als Schauspielerin, Autorin, Gitarristin und vieles mehr tätig. Für die Frauen ihres Landes spricht Diawara in ihren Songs über arrangierte Ehen oder Genitalverstümmelung, jedoch nicht von ihrer Heimat aus, sondern ihrem neuen zu Hause dem Comer See in Italien. Ihr Herkunft vergisst sie aber nicht und nimmt 2018 ihr zweites Album „Fenfo“ (in Bambara Sprache: „Etwas zu sagen“) mit traditionellen Instrumenten wie Ora und Kamele Ngoni auf. Diawara zu zuhören bedeutet, in einen Raum zu treten, in dem die Zukunft der Musik durchdrungen ist von Pop und modernen Klängen.

4. Bombino – Deran

Bombino ist das Pseudonym von Goumar Almoctar, ein Tuareg Singer-Songwriter aus Niger, der mit seiner Band ähnlich wie Tamikrest oder Tinariwen (die wir bereits vor längerer Zeit interviewt haben) sicherlich zu einem der bekanntesten Vertreter des Desert Blues gehört und einer der beliebtesten afrikanischen Musiker in der westlichen Welt ist. So kombiniert der herausragende Gitarrist typische Gitarren-Riffs, die südlich der Sahara entstanden und bereits von Meistern und Ikonen des Kalibers Jimi Hendrix und Mark Knopfler entdeckt wurden. Wie viele der Musiker, die in diesem Artikel erwähnt werden, musste auch Bombino sein zu Hause und sein Land oftmals verlassen, vor Kriegen und Verfolgungen fliehen und in einem Leben unter ständiger Spannung verweilen, die nicht nur in seinen Texten, sondern auch in der Art und Weise seiner Musik widergespiegelt wird. Sein letztes Album „Deran“, das 2018 veröffentlicht wurde und in Casablanca (Marokko) aufgenommen wurde, ist eine Essenz davon.

5. Burna Boy – African Giant

Was wäre jedoch afrikanische Musik ohne Hip Hop und African Beat? Und aus welchem Land kommen wohl die meisten international erfolgreichsten Stars? Na klar, African Giant: Nigeria! Das größte und vermutlich gegensätzlichste aller afrikanischen Länder und die Heimat von Fela Kuti ist nicht nur Spitzenreiter im Bereich Filmproduktion (Nollywood!), sondern hat in den vergangenen Jahren Mamutschritte in der Trap und Hip Hop Szene zurückgelegt. Kein Wunder also, dass der nigerianische Überflieger Burna Boy den Titel seines neuen Albums den Spitzennamen seiner widersprüchlichen Heimat gab. Gemeinsam mit dem ebenso erfolgreichen Rap-Kollegen Wizkid, trug der Nigerianer sogar kürzlich dem von Beyoncé produzierten „Lion King“-Album bei. In seinen Texte verbindet er Persönliches und Politisches zu einem neuen Maßstab der Afro-Fusion-Musik.

6. Kokoko! – Fongola

Weitere explosive Beats kommen von der kongolesischen Kombo Kokoko!, die ich letztes Jahr live auf dem Ortigia Sound System Festival in Sizilien erleben durfte. Mit ihren Upcycling-Instrumenten und Agit-Punk-Beats tritt das Kollektiv gegen afrikanische Musikstereotype an. Ohen Zweifel sind sie ein Resultat, der DIY-Musikszene von Kinshasa. In neonleuchtenden Worker-Jumpsuits singen sie auf internationalen Musikfestivals über Identität und den harten Kampf ums Überleben und brechen mit jeglicher steifer Hipster-Attitüde. Kein Wunder, dass das britische Indie-Label Transgressive sie also für ihr Debütalbum Fongola unter Vertrag nahm. Sie selbst bezeichnen ihren Stil als „Tekno Kintueni“, einen rauen Partysound Afrikas, der von elektronischer Musik inspiriert ist. Da ihnen anfänglich die passenden Instrumente und Technik fehlten, haben sie ihre eigenen erfunden. „Überleben fördert die Kreativität“, sagen sie und hämmern Devo-like auf Xylophon- und Conga-Apparaturen aus Plastikbehältern und Schreibmaschinentrommeln.

7. Ebo Taylor – Love & Death

Unter den Alben, die für die Annäherung an die afrikanische Musik unverzichtbar sind, darf „Love & Death“ des Musik-Veteranen Ebo Taylor nicht fehlen. Der seit den 1980er Jahren erfolgreiche ghanaische Gitarrist hat zahlreiche sensationelle Platten voller Rhythmus und Farbe produziert. Ebo Taylor ist ohne Zweifel einer der Helden des Afrobeat-Genres, aber auch einer der Väter des Funk in Afrika. In den 70er Jahren teilte er sich die Bühne mit dem nigerianischen Superstar Fela Kuti. Dann entschied er sich, in Ghana zu bleiben und Jazz mit zeitgenössischer europäischer Musik zu mischen. Herauskam ei Album, das zwischen Liebesgeschichten und dem Tod mitten ins Herz trifft.