Ich will und ich kann nicht definieren, was Liebe ist. Und dennoch ist sie da. Und wenn wir sie spüren, wissen wir, was sie ist. Luca Guadagninos Film "Call Me By Your Name" hat mich daran erinnert und die Essenz ihrer Ohnmacht und gleichzeitigen Schönheit in Bilder übersetzt. Ein Gefühl, das in seiner Reinheit nicht die Frage nach dem Warum und dem Wohin kennt.

(…) Wie du dein Leben lebst, ist deine Sache. Denk jedoch daran: Unsere Herzen und unsere Körper sind uns nur einmal gegeben. Und bevor du es weißt, ist dein Herz erschöpft und für deinen Körper kommt ein Punkt, an dem ihn niemand mehr ansieht, geschweige denn sich ihm nähern will. Gerade jetzt, ist in dir Kummer, Schmerz. Töte ihn nicht, sowie die Freude, die du mit ihm gefühlt hast.

Es gibt Filme, Bücher, Songs und manchmal auch einfach nur die richtigen Worte von Menschen zur richtigen Zeit, die in uns etwas offen legen, das wir bereit waren zu vergessen. Warum? Um im täglichen Laufrad des Lebens nicht zu fallen. In dem Moment, in dem wir uns jedoch erinnern, wissen wir meistens, dass erst diese Erinnerungen und die Fähigkeit zu fühlen uns lebendig machen. Egal wie schmerzlich oder intensiv sie sind.

(…)Wir reißen so viel von uns ab, damit wir schneller von Dingen geheilt werden, als wir eigentlich sollten. Und im Alter von dreißig Jahren gehen wir bankrott und haben jedes Mal weniger zu bieten, wenn wir mit jemandem Neuem anfangen. Aber nichts fühlen, nichts fühlen – was für eine Verschwendung!

Ja, und manchmal raubt uns die Erinnerung an die Liebe den Atem. Wir fragen uns dann, ob es genau das ist, worum es geht: Etwas empfinden, dass so verletzlich, so stark ist, dass wir es nie mehr in unserem Leben ausradieren können. Und vielleicht ist dieses Gefühl sogar zu stark, um dauerhaft gelebt werden zu können. Dennoch ist es nicht weniger echt. Ganz im Gegenteil.

Was ist die Liebe? Darauf wird es wohl nie nur eine Antwort geben und wir, jeder einzeln für sich, werden uns diese Frage noch unzählige Male stellen. Und unzählige Male nach einer Antwort suchen. „Call me by your name, and I’ll call you by mine! – ein Satz, der eine ganze Welt in sich birgt. Er ist die Essenz eines Gefühls, dass so einnehmend ist, wie selten. Das Gefühl in jemanden komplett aufzugehen: Ich schenke dir, dass Kostbarste was ich besitze. Meinen Namen, mein Sein. Und so trage ich deinen, denn wer dich ruft, der ruft auch mich.

Als ich vor einer Woche die träumerisch-eloquenten Bilder Guadagninos über die Kinoleinwand rieseln sah, dachte ich, dass nichts auf der Welt so lohnenswert und wertvoll ist, wie das Gefühl von jemanden kompromisslos und trotz aller Risiken geliebt zu werden – und gleichzeitig die Möglichkeit zu haben (oder einst gehabt zu haben), dies zu erwidern. Egal wie lang oder kurz diese Liebe dauern mag.

ÜBER DEN FILM
Call Me By Your Name läuft seit 1. März 2018 bundesweit in den Kinos. Der Film des italienischen Regisseurs Luca Guadagnino erzählt die Geschichte des gleichnamigen Buches von US-Schriftstellers André Aciman, das 2007 veröffentlicht wurde. 2018 gewann der Film den Oscar für das "Beste adaptierte Drehbuch".