Berlin-Neukölln, Samstagabend 23:45.
Ich sitze mit Decke auf der Couch und rauche eine Zigarette. Clubs im Winter? Auf keinen Fall. Auf diese Einweihungsparty gehen? Zu weit weg. Noch mal zum Späti? Vielleicht später. Nebenbei ertönen Stimmen aus dem Radio. Es gibt Momente, da ertrage ich Musik nicht. Und heute ist so eine Nacht. Irgendwer spricht über die Filme der Berlinale, über soziokulturelle Geschehnisse während einer politischen Krise. Meine Krise ist, objektiv betrachtet, bei Weitem nicht so schlimm, und für mich dennoch ein kleiner Kampf. Irgendwas passiert mit mir. Bald 25 Jahre, irgendwo und nirgendwo am herumdümpeln und emotional alles andere als stabil. Manchmal frage ich mich, ob die Sache mit der Pubertät nicht doch vielleicht eine ganz große Lüge ist und wir nie aus dieser Phase herausfinden. Dann fällt mir wieder ein, dass ich kein Fan von Verschwörungstheorien bin. Deshalb belasse ich es bei ,,Quarterlife Crisis“.

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Früher gab es für diese Phase keinen Begriff. Heute können wir uns daran klammern wie kleine Faultiere an ihren Ast oder die letzte dicke Pommes an den großen Haufen Mayo in der Ecke der Pommesschale. Im Laufe der Zeit habe ich mir beigebracht, klar zu denken. So klar, dass ich mich in Momenten des Falls dazu zwinge, die schlechten Gedanken aufzugeben und mich innerlich Ohrfeige und anschreie. ,,Jetzt gerade ist es scheiße aber das geht vorbei, es ging immer vorbei, also reiß dich mal zusammen!“. Diese selbstauferlegte Härte fruchtet nicht mehr. Die Ohrfeigen tun nicht mehr weh, sondern machen müde. Wie lange dauert dieser Zustand an? bis zum Ende meiner Uni-Abschlussarbeit? Bis zum Ende des Winters? Bis ich begriffen habe, meine eigene Zufriedenheit nicht in die Hände anderer zu legen? Bis zum ersten richtigen Job?

Der Begriff ,,Lebensabschnitt“ ist in meiner Welt äußerst negativ konnotiert. Abschnitte besitzen häufig scharfe Kanten und harte Enden. Oft tun sie weh und doch lernt man nicht aus ihnen. Ich würde mir wünschen, es würde einen Begriff für die Phasen zwischen den Phasen geben. Die Phase des Herantastens, den Flow finden, eingrooven. Das Aufrüsten für den Krisenfall. Vielleicht würde es dann leichter fallen, diesen gemischten Salat an Gefühlen besser wegstecken zu können. Aber das wäre nicht das Leben, oder? Und so nehm‘ ich’s hin, tätige einen imaginären Hamstereinkauf der viele Abende mit Freunden, Tränen, Lachanfällen und Albernheiten beinhaltet. Bis zum nächsten Tief wird’s helfen. Morgen hör‘ ich auf. Morgen fang‘ ich an. Denn das ist das Leben, oder?