Seit Ende September hat in Berlin Deutschlands größtes Fotofestival begonnen: Zum achten Mal lädt der European Month of Photography (EMOP) alle Foto-Nerds nach Berlin ein und bietet in 103 Spots, darunter die Berliner Museen, zahlreiche Galerien, Off-Spaces, Projekträume und Fotoschulen, die neuesten Projekte international renommierter Fotografen und Newcomer, aber auch spannende Retroperspektiven oder Talks. Inspirationen gibt es in der ganzen Stadt noch bis zum 31. Oktober. Wir stellen euch unsere fünf Favoriten vor...
»Zenkeri« by Yana Wernicke & Jonas Feige

Mit „Zenkeri“ erzählen das Fotografen-Duo Yana Wernicke & Jonas Feige die Geschichte einer deutschen Kolonialfamilie, die bis heute in Kamerun lebt und sich bis heute damit konfrontiert sieht ihre deutschen Wurzeln mit ihrer kameruneschen Identität in Einklang zu bringen. Für ihr Projekt reisten die Fotografen mehrfach in die Republik Kamerun und portraitierten die Nachfahren des deutschen Botanikers Georg August Zenker, die immer noch in dessen Haus im abgeschiedenen Bipindi leben. Der Naturforscher gilt als einer der bedeutsamsten Sammler des Botanischen Museums Berlin, der während des Kolonialismus nach Kamerun auswanderte. Mit den Fotografien machen Yana und Jonas auf die immer noch spürbaren sozialen Auswirkungen und inneren Widersprüche einer Zeit aufmerksam, deren historisches Erbe bis heute in Deutschland nur wenig thematisiert wird.

Wo?: Botanischer Garten und Botanisches Museum Berlin
Wann? 11. Okt 2018 — 6. Jan 2019
Öffnungszeiten: Mo-So 9-19h
Eintritt: 2,50 € / ermäßigt 1,50 €

»Quando la felicita non la vedi, cerca la dentro. Napoli 1999-2017« by Jeanne Fredac

Als Italien-Liebhaberin liegt mir diese Ausstellung besonders am Herzen. Die Fotografien, der in Trier geborenen Fotografin, Schriftstellerin und Autodidaktin Jeanne Fredac, bilden die Stadt Neapel in ihrer vielfältigen und widersprüchlichen Aspekten ab. Die fotografische Reise beginnt 1999 und führt vom historischen Stadtkern zu Gebäudekulissen der Mafia-Films Gomorrha bis hin zur Brutalismus-Architektur von Aldo Loris Rossi. In ihren Bilder portraitiert die Künstlerin jedoch nicht nur die Architektur der Stadt, sondern lädt uns ein Neapels Seele zu entdecken: das Meer, Fischmärkte oder die ungewöhnlich zelebrierte Religion, welche sich mit heidnischen Riten mischt. Von klassischen Schwarzweißbildern bis zu ihren letzten Experimenten beschreibt die Fotografin in der Ausstellung nicht nur die Veränderung der Stadt sondern auch die persönliche Entwicklung ihrer Fotografie.

Wo? Wander Atelier
Wann? 29. Sep — 15. Nov 2018
Öffnungszeiten: Mo 12-14:30h, Mi-Sa 12-18h
Eintritt: frei

»Die West-Berliner Jahre – Fotogafien von André Kirchner. 1981 — 1990.«

In der einzigartigen Einzelausstellung präsentiert der Meister André Kirchner rund 100 seiner frühen Schwarzweiß-Fotografien aus dem Berlin der Jahre 1981 bis 1990, die zum größten Teil bisher unveröffentlicht geblieben sind. Beim Anblick der Bilder könnt ihr in das Westberlin der Achtziger zurückreisen und bekannte Straßenansichten der Stadt oder ehemalige Brachen neuentdeckten. Beeindruckend ist insbesondere, die Nähe des Fotografen zu seinen Motiven, die er fortwährend in Augenhöhe portraitierte. Ein poetischer Realismus der zum Träumen anregt.

Wo? Haus am Kleistpark
Wann? 12. Okt — 16. Dez 2018
Öffnungszeiten: Di-So 11-18h
Eintritt: frei

»Between Art & Fashion. Photographs from the Collection of Carla Sozzani«

In der Retrospektive werden die Werke zahlreicher Modefotografen präsentiert, die aus der Sammlung von Carla Sozzani, der früheren Chefredakteurin der italienischen Vogue und Elle, stammen. Über mehrere Jahrzehnte trug die Expertin über 1000 Fotografien aus der ganzen Welt zusammen, die seit 1990 in der Mailänder Galerie zu sehen sind und die Bilder und Fotoexperimente der Ikonen der Fashionfotografie in immer wieder neuen Ausstellungen präsentiert. Die Reihe „Between Art & Fashion“ ist nach Paris und der Schweiz und das erste Mal in Deutschland zu sehen. Vor allem die Werke der vier Schöpfer Paolo Roversi, Sarah Moon, Bruce Weber und Helmut Newton ragen dabei aus den über 200 ausgestellten Fotografien hervor.

Wo?: Helmut Newton Stiftung
Wann? bis 18. Nov 2018
Öffnungszeiten: Di-So 11-19h, Do 11-20h
Eintritt: 10 € / ermäßigt 5 €

»INTERRELATIONS« by, Andrea Wilmsen, Jan Herdlicka und Nora Lina Merten

Mein letzter Tipp ist dem Monat der Fotografie-OFF Berlin und meinen Lieblingsmenschen vom R. – Raum für drastische Maßnahmen gewidmet. Die Off-Veranstaltung des Monats der Fotografie findet dieses Jahr zum dritten Mal statt und wird von der ParisBerlin>fotogroup präsentiert. In über 40 Ausstellungen, rückt das Fotofestival vor allem die junge europäische Fotografie und Orte der Berliner Fotografie-Szene in den Vordergrund. Ein unfassbar mutiger, vielfältiger und vor allem kreativer Ausstellungsraum ist der „Raum für drastische Maßnahmen“ in Friedrichshain. Wer noch nicht dort war, sollte die regelmäßig stattfindenden und kostenlosen Ausstellungen auf jeden Fall im Auge behalten. Im Rahmen des Monats der Fotografie-OFF werden hier die Arbeiten drei erstaunlicher Künstler gezeigt. Während Andrea Wilmsen die Verbindung zwischen inneren und äußeren Lebensräumen betrachtet, die sich als Spuren der Vergänglichkeit im flüchtigen Stadtlebens manifestieren, widmet sich Nora Lina Merten jenen bildlichen Räumen, die die Grenzen der Wahrnehmung ausloten. Jan Herdlicka dagegen setzt sich in seinen Arbeiten mit der holistischen Wechselbeziehung zwischen Mensch und Natur auseinander.

Wo? R. Raum für drastische Maßnahmen
Wann? 19. Okt — 1. Nov 2018 (Vernissage: Donnerstag, 18. Okt, 19h)
Öffnungszeiten: Mo-Fr 10-19h, Sa & So 12-22h
Eintritt: frei

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