Zwischen vielgefeierten Autotune-Künstlern und derer, die sich darüber lustig machen bot das Splash! pünktlich zum 20-jährigen Jubiläum noch so einiges mehr. Ein paar persönliche Eindrücke vom Wochenende auf Ferropolis möchte ich euch nicht vorenthalten.

Camping, Dreck, Hitze, Lautstärke. Festivals sind voll mein Ding. Rap, Deutschrap, Beats und ja, auch Autotune. Das Splash! ist voll mein Ding. Seit 20 Jahren können sich Anhänger des Sprechgesangs ein mal im Jahr treffen und ein Wochenende ein Genre feiern, dessen Musik man nicht unbedingt aufdreht, wenn man gerade bei gemütlicher Runde in der WG-Küche sitzt. Ein Wochenende lang keine seltsamen Blicke kassieren wenn man lauthals den Arschficksong mitrappt. Ein Wochenende lang in einer Blase leben, die außerhalb dessen oft nur schwer oder widerwillig angenommen wird. ,,Du hörst Rap? Du weißt doch gar nicht was richtige Musik ist. Ich mein, so handgemachte Musik mit Seele, wo ’ne Story dahintersteckt, verstehste?“ Und wisst ihr was? Es kotzt mich an. Wer kam eigentlich jemals auf den Trichter zu behaupten, dass diese gefühlsschwangere Musik a lá Norah Jones, Coldplay oder Mumford and Sons die Speerspitze aller Musikrichtungen darstellt? Ich möchte diese Person schütteln damit sie versteht, dass ein Cájon im Song noch lange keinen geilen Track macht, verstehste? Aber no offense, Norah Jones ist immerhin mein ganz persönlicher WG-Küchen-Kompromiss wenn niemand anderes außer mir Lust hat, 187 Strassenbande zu hören. Die musikalische Ähnlichkeit ist verblüffend, ich weiß.

Foto 16.07.17, 21 50 29

Da stehe ich also nun, rege mich innerlich immer noch über die Menschen auf, die das Splash! niemals besuchen werden, anstatt mich innerhalb meiner 3 Tage andauernden Rap-Blase fallen zu lassen und alles aufzusaugen was ich sehe, höre, erlebe. Ein bisschen fühle ich mich wie meine Freundin aus der 4. Klasse, die, wenn sie mich besuchte, völlig hypnotisiert vor unserem Fernseher stand, weil für ihre Sekteneltern Fernsehen ein absolutes Tabuthema war. Mehr als A.I.D.S. fällt mir dazu spontan aber auch nicht ein. Fest steht, dass Rap immer vielfältiger wird. Der Dancehall hat durch Bonez MC und RAF Camora Einzug gehalten, Cloud Rap konnte sich durch RIN, Haiyti oder Yung Hurn etablieren und trägt entschieden dazu bei, dass das Lineup neben altbekannten Gesichtern wie Kool Savas, Sido oder Marteria um ein paar Einflüsse reicher ist. Da zieht das Argument auch nicht mehr, dass dieses Jahr nichts dabei ist, was man sich angucken möchte.

Warum ich das Splash! Auch Jahre nach meinem ersten Besuch und trotz beschleichendem Gefühl des Herauswachsens (mit gerade mal 25 Jahren!) immer noch so gerne besuche? Hip Hop erzeugt Stimmung. Stimmung, die so in keinem Club entsteht. Wenn tausende von 15 bis maximal 25 Jährige zu Travis Scott 5 Moshpits bilden und völlig ausrasten sobald die Hook einsetzt, dann erzeugt das zumindest bei mir Gänsehaut. Wenn diese 15 bis 25 Jährigen ebenso gut verstehen, dass Sido eine Institution im Deutschrap ist und keineswegs als alter Sack, der im Game nichts mehr zu suchen hat, sondern als guter Rapper anerkannt wird, dann beruhigt mich das. Diese Stimmung, die sogar abseits der der Main Stage zieht macht mich jedes Mal auf positive Weise fertig. In Zeiten, in denen dir für jedes falsche Wort auf den Mund gehauen wird, weil man für einen kurzen Moment nicht auf Political Correctness achtet, ja, da erscheint einem das Splash! beinahe als regelfreier Raum.

Foto 16.07.17, 21 48 26

Ich könnte zu guter Letzt noch alle Acts aufzählen die gut waren und solche, die mich enttäuscht haben. Dieser Text beinhaltet allerdings schon so viel Subjektivität, dass ich es mir nicht anmaßen will, irgendjemanden im Detail zu kritisieren. Und so schwelge ich völlig beflügelt in Erinnerungen, hole mir die grandiosen Auftritte von RAF Camora & Bonez MC, Mädness und Döll sowie Mac Miller ins Gedächtnis und wünsche mir ein Handbrot herbei. Darüber hinaus erinnere mich an den Campingplatz, der gefühlt so groß wie meine Heimatstadt ist und freue mich auf weitere 20 Jahre!