Jeden Morgen Mantras verschriftlichen, akribisch Tagebuch führen oder Notizhefte wie kleine Schätze behandeln? Nicht mit mir und meiner besten Freundin. Klischeehaft, albern und nicht dem Zeitgeist entsprechend. Handschriftlich Dinge verfassen soll kreativitätsfördernd sein? Völlig überbewertet. Bis jetzt.

Es gibt ja Menschen, die schreiben sich jeden Morgen auf wofür sie dankbar in ihrem Leben sind. Mantras und all sowas. Und es gibt die, die ihr Leben lang ernsthaft Tagebuch schreiben. ,,Wenn du die Dinge aufschreibst die dich belasten, dann wird es dir danach besser gehen!“. Hat bei mir übrigens nie funktioniert, weshalb ich den Therapeuten immer vorziehen würde, denn der schreibt, während ich rede. Die Digitalisierung ist meine beste Freundin. Wir gehen Hand in Hand durch den Alltag. Komme ich auf die Idee mir ein Notizheft oder 40€ Moleskine Planer zu kaufen, gibt es von ihr rasch einen Schlag auf den Hinterkopf. ,,Schreiben? Mit der Hand? Sich Zeit nehmen? Immer einen Stift bei sich haben? Du hast doch dein Smartphone, also bleib‘ mal vernünftig!“

Recht hat sie, zahle ich dieses verdammte Smartphone, welches alle wichtigen Funktionen beinhaltet, nicht umsonst zwei Jahre lang ab, um mir am Ende ein unhandliches Notizbuch zu kaufen das ich ohnehin nur wegen des Covers geil fand. Und so sitze ich in der Bahn, tippe die wichtigsten Daten in mein Handy um den nächsten Termin bei der Physiotherapeutin nicht zu verpassen und frage mich wie es so weit kommen konnte, Dinge hastig niederzutippen damit ich sie nicht vergesse, anstatt mir Zeit für wichtige Notizen (und auch flüchtige Gedanken) zu nehmen. Ich studiere Germanistik, mein Studium neigt sich langsam aber sicher dem Ende entgegen und alles was ich über 5 Jahre Literaturwissenschaften, Linguistik und Geschichte der Sprache sagen kann, ist: Ich hasse das Schreiben! Versteht mich nicht falsch, ich liebe mein Studium, aber das Schreiben war immer eine lästige Qual. Die Gedanken und das Lesen, die vor einer jeder Verschriftlichung stattfanden brachten mich weiter, machten Spaß und und stellen die Eigentliche Arbeit jeder Arbeit dar. Und so stelle ich mir kurz vor Beginn meiner Abschlussarbeit die Frage, ob meine beste Freundin ebenso meine beste Feindin ist und dafür sorgt, eine mögliche Leidenschaft zu untergraben.

Immer wieder merke ich, dass das Rumsitzen in der Bibliothek von Phasen der willkürlichen Informationsbeschaffung geprägt ist. Nicht selten kommt es vor, dass ich Artikel lese die weder etwas mit meinem eigentlichen Thema zu tun haben, es sich noch um relevante Nachrichten handelt. Nichts davon bringt mich weiter. Roberto Blanco und seine Tochter haben mich noch nie weiter gebracht. Giulia Siegel im Promihaus auch nicht. Allerdings glaube ich das. Ich nenne diese Phasen ,,Inspirationspausen“ und merke nicht, dass sie mich immer mehr in ein Sog treiben, der sich durch Überforderung und Überlagerung bemerkbar macht. Vor allem in geisteswissenschaftlichen Studiengängen verspüren Studenten oft den Drang, aktuelle Themen mit veralteten Thematiken zu verknüpfen. In vielen Fällen ist das Ergebnis eine Schreibblockade. Die Zusammensetzung?

Versagensängste
Perfektionismus
unzureichende Konzeption
Zeitdruck
Konformitätsdruck

Realisiert man diese Aspekte, lastet recht schnell ein ordentliches Gewicht auf einem selbst, sodass die Kapitulation nicht lange auf sich warten lässt. Ich bin mir sicher, dass meine beste Freundin einen entscheidenden Teil zu dieser Miesere beizutragen hat, auch wenn ich am Ende meine eigene Herrin bin, die nicht zu Allem ja sagen muss. Aber mit einem Überangebot an Informationen ist es wie mit Jeans. Eigentlich hat man eine sehr gute im Schrank, will trotzdem noch eine und am Ende bemerkt man, dass alle gleich aussehen und ärgert sich. Danach kapituliert man und kauft erst mal nur noch Schals und Socken. Ähnlich verhält es sich mit der Schreibblockade. Ein ,,zu viel“ von allem führt zu Überforderung, sodass der Kopf mit Stillstand reagiert. Was man gegen diesen Stillstand tun kann? Ich weiß es nicht. Tee trinken? Die Blockade aussitzen? Weinen? Die Erfahrung hat mir gezeigt, dass andere Aktivitäten dazu führen, wieder freier zu werden. Vielleicht ein Notizheft kaufen, oder so.