London. Ein Festival im Herzen der Stadt. Ein Line Up, von dem man eigentlich nur träumen kann. All das bot das diesjährige Field Day Festival 2016 im Victoria Park London.

Es bestand kein Zweifel, in diesem Jahr mussten wir unseren lang gehegten Traum endlich in Erfüllung gehen lassen. Das taten wir auch, waren auf Stippvisite in einer unserer europäischen Lieblingsstädte und haben das Field Day Festival im wahrsten Sinne des Wortes auf Herz und Nieren geprüft. Hier sind fünf Gründe, warum wir im nächsten Jahr auf jeden Fall wiederkommen werden.

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#1 We Love London

Hach London. Wer liebt diese Millionenstadt am immerbraunen Fluss Themse nicht? Wer einmal vom Flughafen die roughen Vororte passierte, die Reihenhäuschen am North Circular bis in die Stadt zählte, einmal hektisch mit hunderten Shoppingtüten über den Oxford Circus gejagt ist, sein ultimatives Pub-Erlebnis in Greenwich hatte, einmal einen Sonntag in der Brick Lane oder einen verregnten Tag im Café des Tate Modern mit Blick auf Pauls Cathedral verbrachte, ja der ist in London verliebt und weiß sogleich, dass London viel mehr ist als der Big Ben oder das London Eye. Auch wir haben schon vor Jahren ein Stück unseres Herzens verloren und freuen uns immer wieder aufs Neue die Hauptstadt Englands zu besuchen. Lässt sich ein Besuch der Metropole dann noch mit einem Festival-Besuch dieser Klasse kombinieren, sind wir natürlich die ersten, die ihre Arme in die Lüfte reißen. We love London. Durch und durch.

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#2 Das Grüne Herz Londons – Ein Festival im Victoria Park

Obwohl in der Megacity gebaut, gebaut und gebaut wird, ist London auch durch seine vielen Grünen Ecken bekannt, in denen man dem Großstadttrubel für eine Weile entfliehen kann, wenn es Not tut. Das ist einer der Gründe, warum die Parks wie ein Heiligtum gepflegt und gehegt werden. Neben dem Hyde Park, dem Regents Park und dem Richmond Park ist der Victoria Park, der von den Londonern liebevoll Vicky Park genannt wird, eine der schönsten grünen Oasen im Herzen der Stadt. Grund genug, warum hier zum nunmehr zehnten Male das Field Day Festival ausgetragen wird. Auch in diesem Jahr wurden die rund 90 Hektar saftigen Grüns genutzt und machten den besonderen Charmes des Liebhaberfestivals aus. Was am Ende von zwei regenreichen Festivaltagen übrig blieb sind zwar lediglich 90 Hektar Matsch, doch wir sind uns sicher, dass die 12 Millionen Euro, die kürzlich in die Erhaltung des Parks investiert wurden dafür Sorge tragen, dass auch hier bald wieder der erste Rasen grünt.

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#3 Field Day don’t care about any genre as long as it’s hot

Uhlala. Wir haben uns bereits vor einer Weile den Spruch „We don’t care about any genre as long as it’s hot“ auf die Fahne geschrieben. Und auch die Macher des Field Days scheinen sich dieser Devise bereits seit Beginn des Festival angenommen zu haben. Denn auch wenn wir bereits viele Festivals gesehen und erlebt haben, steht das Line Up des Festivals auch im zehnten Jahr in Folge auf einem völlig anderen Blatt. Wir möchten fast behaupten, dass kein europäisches Festival den Spagat aus Hip Hop, Indie, elektronischer Musik aber auch Folk-Einflüsse so meisterhaft beherrscht wie das Londoner Festival. Auch in diesem Jahr war die Liste an Acts, die wir gerne sehen wollte schier unendlich und bereicherte sich zudem mit einer ganzen Stange weiterer Acts, die wir schon immer mal sehen wollten aber bis dato noch nicht die Chance dazu hatten. Spätestens hier war auch der Groschen gefallen, den eineinhalbstündigen rumpligen Ryan Air Flug in Kauf zunehmen und nach London zu fliegen.

Die Planung des ersten Festivaltags erschien etwas schwierig. Das wurde bereits klar, als wir im Timetable mit dem Edding die Acts markierten, die wir nicht missen wollten. Was übrig blieb, war ein Zettel auf dem wir lieber die Acts rausstreichen sollten, die wir nicht unbedingt sehen wollten. Hier musste hart gepokert werden. Demzufolge war der ein oder andere Sprint von der einen Bühne zur Nächsten auch keine Seltenheit.

Der Samstag nach knapp einstündiger Anreise gegen 15 Uhr im Resident Advisor Tent, in dem Roman Flügel, der übrigens mit DJ Koze getauscht wurde, bereits ein ordentliches Tempo für den Nachmittag vorgab, bevor wenig später der erste Wolkenbruch einsetzte. Zum Glück war der Weg rüber zur deutlich kleineren Fader Stage nicht weit und in den ersten Reihen noch genügend Platz um erstmals eine Band zu hören, die vor allem durch den Support von Jamie XX Berühmtheit erlangte: Real Lies. Mit einem kleinen Abstecher zurück zur Resident Advisor Stage, in der Roman Flügel nun an DJ Koze übergab, wurde im nachlassendem Regen nun bereits das völlig überflutete Gelände erkundigt bevor am es langsam in Richtung des Abends ging, an dem sich nur mit ganz viel Stress eine Entscheidung für den ein oder anderen Act fallen lassen würde.

Wir entschieden uns für Gold Panda, der im Zelt hinter der Mainstage anscheinende mit ordentlichen Soundproblemen kämpfen musste, besuchten Motor City Drum Ensamble und Dom von Mount Kimbie kurzweilig beim Sprint vom zum nächsten Floor, verloren uns in den Piano Lines von Floating Points, der abermals live performte, schwooften mit Dean Blunt, der seinem Nachnahmen mehr als gerecht wurde, tanzten uns bei Danny L Harle, der natürlich all seine Pop-Klassiker spielte die Seele aus dem Leib und krönten unseren ersten Festivaltag anschließend mit James Blake auf der Mainstage.

Während der Samstag schließlich bis in die letzte Minute mit Acts vollgestopft war, die man bereits mehrfach sehen konnte, offenbarte der Sonntag auf einer deutlich entspannteren Art einige Künstler, die wir bis dato noch nicht live erleben durften. So startete der Tag erneut gegen 15 Uhr mit einer schwedischen Künstlerin, deren Gesicht wir noch aus Zeiten an der Berghain Garderobe kennen. Dass die blonde Schwedin Molly Nilsson aber nicht nur ein Händchen für Jacken hat, sondern auch für gefühlvolle, manchmal witzige und zugleich traurige Pop-Songs, bewies sie uns erstmals auf dem Field Day Festival. Mit einem Wein in der Hand und Mollys Songs in den Ohren vergingen einige Stunden bis wir im ehemaligen Resident Advisor Zelt französischen Synth-Pop von Air bei einem deutlich besseren Sound und schließlich auch PJ Harvey – der heimliche Main-Act des Tages – auf der Mainstage hören durften bevor wie gegen 22 Uhr glücklich aber erschöpft in unser Bett in Notting Hill fielen.

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#4 Die Crowd

Man kann es abstreiten oder auch nicht. Engländer haben ihre ganz eigene Art ein Festival zu feiern. Eines kann man ihnen jedoch nicht übel nehmen – sie haben dabei eine gehörige Portion Spaß. Während der gemeine Deutsche ein gewisse Zeit braucht um warm zu laufen, fliegt der erste Brite auch bereits schon durch die Schlammpfützen, die sich Samstag Nachmittag allmählich zu riesigen Seen mauserten. Auch wenn ein Großteil der Bühnen überdacht war, lies sich kaum einer vom wohl bekannten Wetter abschrecken und besuchte trotz Dauerregens die Mainstage um seinen Idolen zuzujubeln. Am Samstag noch deutlich von jüngeren Menschen dominiert, trauten sich am Sonntag auch zunehmend ältere Gäste auf das Gelände, die allesamt für ein buntes und interessantes Publikum sorgten.

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#5 Everything Else

Das Gelände des Field Day Festivals bietet so ziemlich alles, was ein Festival zu etwas Besonderem macht. Sechs größere und kleinere Bühnen, deren Sound leider teilweise deutlich besser hätte sein können, ein hölzernes Jägermeisterhaus für alle Liebhaber des 56 Kräuter-Schnappses aus Wolfenbüttel, einen Field Day Bandstand, einige Jahrmarktattraktionen, viele lange Biertheken und eine erstaunlich große Auswahl diverser Biere sowie einen Food-Court, auf dem es war nicht viele Stände gab, die vorhandenen Food-Stalls allerdings in Geschmack und Qualität mehr als überzeugten. Wer sich nun noch dem Gedanken anfreundet, dass die Preise eben Londoner Preise sind und mit den pauschalen Ausfall des Kreditkarten-Zahlungssystems verschmerzt, ist auf dem Festival bestens aufgehoben. Wir hatten trotz Schmuddelwetters jede Menge Spaß, hören noch immer die Synth-Klänge von AIR in unseren Ohren und stellten mit Beendigung des erste Festivaltages bereits fest: Ja, wir werden wieder kommen. Keine Frage!

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