Gibt es etwas Besseres, als am Ende eines Jahres mal (wieder) alles auf den Kopf zu stellen? Wenn mir bis dahin noch nicht klar war, was ich eigentlich brauche und auf was ich besser verzichte, dann sollte jetzt der Zeitpunkt kommen für die große Jahresen(d)trümpelungsaktion. Warum? Ganz einfach: Der Winter kommt und mit ihm die rau(h)en Nächte...

Während an mir das ewige Grau der flachen deutschen Ebene durch das Zugfenster vorbeizieht, fühlt sich meine Stimmung ähnlich flach und grau an. Riding home for Christmas. Same procedure as every year, my dear! Bis vor wenigen Wochen schien über meinem Sein noch das gleißende Licht der sizilianischen Sonne und alles war ganz easy. Und nun? Ich beginne damit meine emotionale Suppe auszulöffeln. Sicherlich ist das Wetter nicht unerheblich für die Verstrickungen des Gemütsfaden. Doch da ist noch mehr. Eine Stimme, die mir sagt: Kein Bock mehr auf den alten Scheiß, es wird wieder Zeit gehörig auszumisten und sich von Unnützem zu trennen!

Unnütz sind dabei sicherlich nicht nur all die Resultate unserer Konsum getriebenen Schandtaten, sondern auch die emotionalen Altlasten, die wir gern von Monat zu Monat und von Jahr zu Jahr mit uns schleppen. Enttäuschungen, die Ängste und Unsicherheiten in uns schüren, die wiederum zu Enttäuschungen werden. Doch warum schaffen wir es oftmals nicht diese Spirale zu unterbrechen? Warum versacken wir immer wieder in den ungemütlich dunklen Kammern unserer Seele?

Schon unsere Ur-ur-urahnen waren sich des Geheimnisses der Entrümpelung und der Erneuerung in den wohl dunkelsten Tagen des Jahres bewusst. Diesen Zeitpunkt nannten sie Rauhnächte. Jene 12 „magischen“ Nächte am Ende des Jahres markieren den reinigenden Prozess einer wahrhaften „Geisteraustreibung“. Egal ob bei den Germanen, Kelten oder alten Griechen – mit der Wintersonnenwende am 21. Dezember (oder wie später im Zuge der Christianisierung mit der „Heiligen Nacht“ am 24. Dezember) war es Zeit dem Vergangenen Lebewohl zu sagen, loszulassen und das Terrain für neue positive Energien zu ebnen. Die längste Nacht des Jahres schließt dabei den Kreislauf, das Rad des Lebens. In ihr stirbt die alte Sonne, damit eine neue wiedergeboren werden kann.

Nach dem alten Volksglauben treiben es Götter und Geister in den zwölf Nächten wild. Im Haus durfte keine Unordnung herrschen, damit sich negative Energien darin verfangen konnten. Es wurde kräftig geräuchert, um die Luft zu reinigen und keine weiße Bettwäsche und Tücher sollten auf der Leine hängen, da diese als Symbol des Leichentuchs galten. Aufgewachsen mit diesen Riten, war mir als Kind nicht bewusst, dass es sich dabei nicht um den seltsamen Aberglauben meiner Familie handelte, sondern sich vielmehr Jahrtausende alte heidnische Bräuche dahinter versteckten.

Heute spielt es dabei keine große Rolle, ob wir einen Hang zur Spiritualität haben oder die ganze Sache nüchtern betrachten. Tatsache ist, dass das Ende eines Jahres symbolisch für eine Zeit des Umbruchs steht und es in unserer Macht liegt darüber zu entscheiden, wie sich dieser Wandel vollziehen soll. Oftmals vergessen wir die wahre Macht, welche in uns ruht: Die Macht unserer Gedanken. Auch wenn wir ihr nicht immer das gebührende Maß an Bedeutung beimessen – allein die Energie, die wir in unsere Wahrnehmung und Gefühle stecken, kann die Realität verändern. Kein Witz! Der beste Beweis hierfür ist das sogenannte Doppelspaltexperiment der Quantenphysik. Dieses belegt, aufs Wesentliche herunter gebrochen, dass sich die Bewegung der Atome allein durch unsere Beobachtung (also den Perspektivwechsel) verändert. Wenn sich selbst die kleinen Quanten beeinflussen lassen, was glaubt ihr, was dann erst mit den Menschen und der Welt um uns herum geschieht.

Ob wir wirklich etwas verändern wollen und Platz für Neues machen möchten, liegt also allein in der Kraft unserer Gedanken. Genau aus diesem Grund solltet ihr die magische Zeit dieser Tag nutzen, um zu „entrümpeln“. Fegt eure Ängste und Befürchtungen aus dem Haus, jagt jene zum Teufel, die euch verletzen und euer Leben belasten. Sagt jenen Adé, die euch nicht den Wert beimessen, den ihr verdient. Wendet die Seite einer jeden Medaille zum Positiven und haucht eurem Leben jene Gedanken ein, die euch ein Lächeln aufs Gesicht zaubern und Mut machen, selbst wenn es im ersten Augenblick unmöglich erscheint. Auch die noch so längste und dunkelste Nacht, wird irgendwann durch ein Licht gebrochen, das einen Neubeginn einläutet!